Brief 103: Drei Überraschungen: Geld, Autofiktion und TIP-wildcard

Liebe Schreibende,

selten hat mich ein Literatur-Nobelpreis so überrascht und befriedigt wie der dieses Jahres. Es ist ein Nobelpreis für das „Memoir“ – neuerdings im deutschsprachigen Raum mit dem cooleren Begriff „Autofiktion“ versehen. Kommen nun autobiographische Erzählungen endlich auch für die hiesige Literaturkritik aus der Schmuddelecke? Neuerdings schreiben ja auch angesehene Literat*innen, wie z.B. Monika Helfer „Autofiktion“. Vielleicht müssen Verlage bald auch so eindeutig autobiographische Werke wie „Die Welt von gestern“ (Stefan Zweig), „Der Liebhaber“ (Marguerite Duras), „Die Asche meiner Mutter“ (Frank McCourt) oder „Wann wird es endlich wieder wie es nie war“ (Joachim Mayerhoff) nicht mehr „Romane“ nennen? Vielleicht werden – wie seit Jahrzehnten im englischsprachigen Raum üblich und finanziell sehr einträglich – Buchhandlungen endlich eigene Abteilungen zu „Autofiktion“/„Memoir“ einrichten?
Zu hoffen ist, dass frau von nun an nicht mehr mitleidig belächelt wird, wenn sie sagt, sie schreibe ein „Memoir“, „eine autobiographische Geschichte“.  Bisher wurden wir ja tendenziell abgewertet mit dem Blick à la „Die hat wohl Probleme, die Arme, die sie schreibend bewältigen muss.“ Ja, eh, wer nicht? Wie spannend und weltbewegend solche Bücher sein können! Für mich sind oben genannte Werke prägend gewesen, life changing, haben meine Sicht auf die Welt enorm erweitert. Es macht einfach einen Unterschied, ob ein Thema „rein fiktional“ dargestellt wird, oder ob ich als Leserin weiß, es sind reale Geschehnisse, die hier abgehandelt werden, verhandelt, ausgehandelt. Dieser Prozess ist ein wesentlicher Aspekt von Memoir.

„Zufällig“ habe ich in diesem Sommer drei Bücher von der – nunmehrigen Nobelpreisträgerin – Annie Ernaux gelesen. Johanna Vedral hat sie mir ans Herz gelegt. Z. B. „Erinnerung eines Mädchens“, in dem es um die erste sexuelle Erfahrung von Annie Ernaux geht. Wie multidimensional, weise und erhellend ihr Suchen, Finden, Hinterfragen und sich schreibend Herantasten an diese Erinnerung ihrer Jugendzeit ist! Das ist eben kein „Roman“, das Buch erzählt keine nahtlose Geschichte. Der „fiktionale Traum“, der die Leser*in vergessen lassen soll, dass es sich hier um ein Buch handelt, wird immer wieder bewusst gestört.
Es geht um Erinnerungsarbeit, wie solche prägenden Erfahrungen in unserem Bewusstsein/Erinnern/Vergessen herumturnen. Und was es bedeutet, solche Erinnerungen schreibend zu rekonstruieren und zu befragen. Annie Ernaux widerlegt auf brilliante Weise das Vorurteil gegenüber autobiographischem Erzählen, es sei ein naives, einfaches „Nacherzählen“ einer für andere uninteressanten Erinnerung.  Gratulation an Annie Ernaux! Gratulation an das Nobelpreis-Komitee. Jetzt, liebe Leute, lest Memoirs, lest Annie Exrnaux und schreibt selbst autobiographische Texte!

Also:  Die 1. Überraschung: Autofiktion/Memoir wurde soeben mit dem Literatur-Nobelpreis ausgezeichnet. In unserem 1-jährigen Lehrgang Passion Writing gibt es übrigens eine Reihe von Workshops, die zum autobiographischen Schreiben ermutigen, z. B. Writers Tricks, Personal Essay, Life Writing, Erotic Writing und Memoir Intro. Der nächste Infoabend zum Lehrgang ist am Mo, 7. November. Auch unser Lehrgang Journal Writing Methoden“ zeigt, wie life changing und weltbewegend Schreiben über und für sich selbst sein kann. Der nächste Infoabend zum Lehrgang Journal Writing Methoden ist am Do, 10. November.

Die 2. Überraschung für Schreibende: Es gibt Geld für Teilnehmer*innen unserer Schreib-Lehrgänge und -Seminare. Seit vielen Jahren fördert der WAFF Schreibseminare des writers´studio. Da gibt es für Menschen, die in Wien wohnen, große und kleine Förderungen, welche, die im Nachhinein eingereicht werden können und welche, für die es vorher eine Genehmigung braucht. Neu, überraschend und großartig ist: Bis Ende 2022 können nicht nur Angestellte, sondern auch Selbständige (EPUs) Förderungen bekommen! Also, schnell, ran an den Braten!
Besonders gern (aber nicht nur) fördert der WAFF unseren Lehrgang „Schreibkompetenz fürs Business: Infoabend am Mittwoch, 2. November. Im Lehrgang gibt es heuer neu „Interne Kommunikation mit Geschichten aus dem Unternehmen“.

Die 3. Überraschung für Schreibende: Ein Super-spezial-Angebot für alle, die überlegen, unsere Schreibtrainer*innen-Ausbildung zu machen und spontan sind. Es gibt noch 2 freie Plätze im TIP-Lehrgang 2022/23, der diesen Donnerstag startet (per Zoom & in Präsenz). Die TIP-Chefin, Evi Hammani-Freisleben herself bietet diese Woche ein kostenloses Writers Tricks-Coaching für zwei Personen, die sich heute für diesen TIP-Lehrgang anmelden. Wow. Danke, Evi.

Liebe Grüße vom Wienschreibfluss schickt eure Memoir-Autorin*
Judith Wolfsberger

* „Schafft euch Schreibräume!“. Das nächste Memoir ist gerade heftig in Arbeit …

PS: Frühbucherpreise für die Lehrgänge wurden verlängert bis 31. Oktober 2022!

Bild: Ida Räther

 

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