Brief 3: Treffen wir uns zum schreiben?

Liebe TIPs, liebe Schreibende,

gemeinsam Schreiben? Wie soll das denn gehen? Diese typische Strategie der amerikanischen Schreibtradition scheint vielen Menschen bei uns zuerst einmal „strange“, ungewöhnlich und fremd. An einem Tisch, in einem Raum nebeneinander schreiben, jeweils am eigenen Text, für sich und doch miteinander.
Doch nichts, von all den Methoden, die ich kenne, lässt Textprojekte, gerade auch schwierige, neue, große so gedeihen!

Liebe TIPs, ich wollte Euch bei unserem letzten Workshop noch von der immensen Kraft von Schreibgruppen, Feedbackrunden, Schreibmarathons u.ä. erzählen. Die Zeit war zu knapp, darum reiche ich diesen Brief nach.

schreibgruppe

Irene hat im Sommer kurzerhand getan, was schon lange anstand. Sie gründete eine Schreibgruppe für das writers´studio-Team, weil sie diesen Motor für ihren Roman braucht. Als ich im September zurück nach Wien kam, schätze ich mich glücklich in die Gruppe einzusteigen, die sich nun jeden Donnerstag Vormittag in unserer „Factory“ trifft.
„Factory-Gruppe“ nennen wir sie und da produzieren wir wie am Fließband ;-)!
Seit ich donnerstags mit Irene, Ana & co schreibe geht wieder was weiter mit meinem Buchprojekt. Es kitzelt, es fordert, es fließt. Ich denke nicht mehr so viel nach über das Wie, ich schreibe. Jeden Donnerstag. Das Feedback, das ich erhalte, jeden Donnerstag auf frisch geschriebene Seiten ist ein Turbo. Tagelang noch huschen Ideen, neue Aspekte, die geschrieben werden wollen durch meinen Kopf und in meine Notizbücher. Kurz bevor der Arbeitsalltag sie verebben läßt, ist dann endlich wieder Donnerstag. Und es geht weiter. Am Beginn des Treffens berichten alle wie´s mit dem Schreiben und im Moment so geht, dann legen wir los. So einfach, so genial sind Schreibgruppen. Allerdings nur, wenn sie richtig angelegt sind.

Gefahren gibt es auch: Konkurrenz, Verletzung, Quatschrunden. Es hat reale Gründe, warum viele Leute eher eine Scheu haben, in einer Gruppe zu schreiben oder gar vorzulesen. Die bei uns herkömmliche Haltung zum Schreiben eignet sich nicht für ein offenes und freudvolles Miteinander…

Katrin Girgensohn, Autorin unseres liebgewonnenen „Schreibnächte“- Buchs, beschreibt in ihrer Dissertation „Neue Wege zur Schlüsselqualifikation Schreiben“, wie gut funktionierende Schreibgruppen sein sollen:
-eigenverantwortlich
-gleichberechtigt und
-prozessorientiert.

Das heißt in der Praxis: alle schreiben, alle dürfen vorlesen (müssen aber nicht), jeder Textentwurf wird als solcher verstanden und wohlwollend aufgenommen. Idealer Weise gibt es einen fixen regelmäßigen Zeitpunkt und Ort und eine verbindliche Gruppe.

Das wichtigste an einer Schreibgruppe ist gegenseitiges Vertrauen & Respekt: „eine vertraute Gemeinschaft (…) ermöglicht es, sich auf das Schreiben einzulassen, vieles auszuprobieren und sich auszutauschen“, schreibt Katrin Girgensohn. Und nicht allein am PC hocken! Nicht allein sein, abgeschnitten oder dauernd abgelenkt durch dies & das. Stattdessen fokussiert aufs Schreiben und eingebettet im gemeinsamen Schwung auf der Welle reiten. Ein Publikum für eigene Texte schon beim Schreiben rund um sich zu haben, lässt einen automatisch klarer & kommunikativer formulieren.

Ich habe in Schreibgruppen, den spannendsten Austausch erlebt, den ich überhaupt kenne. Interdisziplinär mit engagierten Studierenden. Oder über unterschiedliche berufliche Expertisen in der Sachbuch-Gruppe. Oder über ästhetische, gesellschaftliche und persönliche Fragen in der „Factory-Gruppe“. Hier wird zugehört, nachgefragt und gespiegelt. Erfrischende Kommunikation direkt an der Zapfstelle, an der Gedanken, Erfahrungen und Ideen sich in Worten am Papier materalisieren.

Im writers´studio hat es von Anfang an moderierte Feedbackgruppen gegeben: „Work-in-Progress-Gruppen“ für Studierende,“Book in Progress“-Gruppe für SachbuchautorInnen.  Der Höhepunkt des Jahres bezüglich gemeinsamen Schreibens ist unser „Schreibmarathon“: mit Schreibtreffs in Cafes und Bibliotheken, wöchentlichen Check-in-Terminen und einem gemeinsamen Ziel: 80 Seiten in 8 Wochen. Der Schreib-Marathon ist übrigens offen für alle, die an einem größerem Textprojekt arbeiten (wissensch. Abschlussarbeit, Sachbuch. Roman etc.).

Alle mal herhören! Seit Oktober 2010 gibt´s im writers´studio eine neue offene Schreibgruppe:Freewriters´Monday“. Jeden 1. Montag im Monat, 18-21 Uhr. Für Fans des writers´studio, die an konkreten großen oder kleinen Textprojekten arbeiten. Wir schreiben gemeinsam, d.h. nebeneinander, jeder am eigenen Text und wer mag, kann vorlesen und achtsames Feedback bekommen. Unter liebevoller Leitung durch unsere Feewriting-& Response-Expertin Gundi Haigner.

Herrlich sind auch Writers´Retreats. Kein Workshop, sondern ein gemeinsamer „Schreiburlaub“ an einem schönen Ort. 2008 war ich bei einem Writers´Retreat in einem Schlösschen am Loch Lomond in Schottland. Einer der Leiter war Peter Elbow himself. Die meisten TeilnehmerInnen schrieben an wissenschaftlichen Projekten, tauschten sich aus, stärkten sich und produzierten viel. Ach, so schön kann Schreiben sein, so kommunikativ, so freudvoll!

Wer organisiert mal so einen Writers´Retreat? Am besten mit Kinderbetreung…

Auf ein schreibfreundliches Jahr 2011!

Judith

Aktuell im writers´studio:

Restplätze:
Wochenendkurs Frei geschrieben: Studium abschließen mit Schwung & Strategie, Start: Sa, 18.12.

Mindwriting zum Jahreswechsel. Wünsche, Ideen & Fokus für 2011 erschreiben, 1 Wochenende: 7.- 9.1.2011

Gratis Infoabende:
Mo, 10.1., 19 Uhr: Life Writing: Lebenskraft & Freude tanken durch autobiographisches Schreiben (Start des Seminars: Mi, 19.1.)

Mo, 17.1., 19 Uhr: Journalistisches Schreiben: Das kleine 1×1 für Nicht-JournalistInnen (Start des Seminars im Feb. 2011)

Di, 18.1., 19 Uhr: Writers´Tricks: In den Schreibfluss eintauchen & schriftlichen Ausdruck stärken (Start des Seminars im Feb. 2011)

Mi, 19.1., 19 Uhr: Academic Publications: Wissenschaftliche Artikel konzipieren & publizieren (Start des Seminars im Feb. 2011)

Regelmäßige Schreibtermine:
Freewriters´ Monday: Jeden 1. Montag im Monat. Schreibnacht: Jeden 1. Freitag im Monat

Das Jahresprogramm 2010/11 des writers´studio gibt´s auf unserer Website und in unserer gedruckten Zeitung „Writers´ Letter“, den du hier gratis bestellen kannst.

1 Kommentar

  1. Liebe Judith,

    Ich muss sagen, ich liebe deine Briefe übers Schreiben. Jedes Mal denke ich mir an irgendeiner Stelle: „GENAU so gehts mir auch… STIMMT!!! Waaah!“. Ich liebe das writers‘ studio. Und ich habe größte Hochachtung vor dem, was du/ihr da auf die Beine gestellt habt und immer wieder auf die Beine stellt. Vor allem, weil es nie still zu stehen scheint, sondern sich kontinuierlich neue Dinge ergeben, neue Ideen umgesetzt werden. Ich bin verdammt froh, irgendwann in deinen Diplomarbeitskurs gestolpert zu sein. Wer hätte gedacht, wohin all das führen würde! Jedenfalls freu ich mich, den Diplomarbeitskurs morgen erstmals selbst zu halten :-)))

    liebe Grüße,
    Eva

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