Brief 46: ausprobieren, einen Krimi zu schreiben mit Autorin M.M.

Liebe Schreiber_innen,
michaela-muschitz-krimivor einigen Jahren besuchte ich ein Krimi-Workshop in L.A., geleitet von der Autorin Jerrilyn Farmer. Einer ihrer ersten Sätze war: „Vor 10 Jahren habe ich dieses Krimi-Seminar hier an der Uni besucht, um zu lernen wie das überhaupt geht. Wer weiß das schon? Ideen hatte ich viele, aber selbst einen Krimi schreiben, das musste ich erst lernen.“ Ich war beeindruckt, wie offen Jerrilyn über ihre konkreten Lernschritte und die Workshops, die sie besucht hatte, sprach.

Naja, und jetzt haben wir so einen Fall im writer´studio! Einen Mordfall theoretisch auch. Und eine Autorin zweier Krimis, die als Teilnehmerin vor fast 10 Jahren im writers´ studio zu schreiben begonnen hat und nun bei uns ihren ersten Krimi-Workshop hält:  Tatata… Michaela Muschitz, Autorin von „Gerüchteküche“ und „Endstation Schlachthof“ (beide Verlag Federfrei).

Vor dem Interview mit Michaela, wie sie von der Marketing-Texterin zur Krimiautorin wurde, noch zum Mordfall im writers´ studio:

Bei unseren Tagen der offenen Tür im letzten Herbst hat auch Michaela einen gratis Mini-Workshop gehalten. Eine Übung bestand darin, sich schnell einen Mordfall auszudenken. Tatort, Opfer, Täter, Motiv. Ein Teilnehmer dachte sich einen Mord im writers´studio aus! Opfer eine Trainerin, Täter ein Teilnehmer. Das war schon schräg genug. Als dann am Abend bei der Verlosung ausgerechnet jener kreative Herr einen Platz in Michaelas Krimi-Seminar zog, bekam sie es ein bissl mit der Angst zu tun… ;-)

Also, liebe Michaela, gratuliere zum 2. publizierten Krimi! Der kam ja jetzt schnell nach. Aber dein Einstieg ins literarische Schreiben in Ana Znidars Short Seminar liegt schon eine Weile zurück. Wie bist du Krimi-Autorin geworden?
Michaela Muschitz: Ich hatte nicht geplant, Krimi-Autorin zu werden. Es ist passiert. Ausschlaggebend war eine Schreibübung im Short-Story Seminar von Ana vor mittlerweile 9 Jahren. Durch einen Anfangssatz, den sie uns vorgegeben hat, habe ich eine Geschichte begonnen und die entwickelte sich zum Thriller! Das Feedback in der Gruppe hat mich angespornt, weiter zu schreiben. Diese Geschichte liegt zwar noch immer unfertig in meiner Schublade, aber bald danach entstand die Idee für meinen ersten Krimi durch ein Erlebnis auf einem Hunde-Platz. Und in Anas tollem Seminar hab ich auch die nötigen Grundelemente literarischen Schreibens erlernt, eine wichtige Basis auch für einen Krimi.

Du bist ja Marketing-Texterin und hältst im writers´ studio schon länger das Seminar „Web, Flyer & co.“. Was ist für dich der Unterschied zwischen Krimi schreiben und Business Writing?
MM: Der Schreibprozess ist immer der gleiche. Beim Krimi habe ich aber mehr Freiheiten, da muss ich mich nicht an Produkteigenschaften halten. Ich kann meiner Fantasie freien Lauf lassen, und ich finde es aufregend, Charaktere zu entwickeln und mir eine Geschichte einfallen zu lassen. Obwohl beim Krimi mein Name drauf steht, fällt mir das Schreiben leichter. Ich will ja keine hochtrabende Literatur schreiben, ich will Menschen unterhalten. Marketingtexte sind anstrengend in der Produktion, da ich in wenigen Sätzen auf den Punkt kommen muss. Das muss ich beim Krimi nicht und ich habe auch viel mehr Zeit, die Geschichte zu entwickeln. Ich gehe meist lange mit einer Idee „schwanger“, überlege hin und her – oft über Tage und Wochen. Ich nehme bewusst den Druck raus, den ich beim Marketing-Texten habe.

Wie war es, erstmals einen längeren literarischen Text, also einen „Roman“ zu schreiben?
MM: Es war eine Hochschaubahn der Gefühle. Ich hatte bei beiden Krimis immer wieder Phasen, in denen ich alles hinschmeißen wollte und an der ganzen Geschichte gezweifelt habe. Dann gab es wieder das Hochgefühl, wenn ich einen guten Einfall hatte, wie ich ein bestimmtes Problem in der Geschichte löse und war wie im Rausch. Motiviert hat mich der Drang, die Geschichte erzählen zu wollen.
Wenn ich feststecke, hilft es mir, nicht an der Geschichte selbst zu schreiben, sondern ÜBER die Geschichte zu schreiben. Das „Was wäre wenn“-Spiel zu spielen, sprich sich mehrere Handlungsalternativen meiner Figur zu überlegen und durch Freewritings den Druck heraus zu nehmen. Ich kenne aber auch Phasen, in denen ich wie eine Besessene schreibe. Dann bin ich so tief in der Geschichte drinnen, dass die Grenzen zwischen Realität und Fiktion für mich verschwimmen. Einmal saß ich im Kaffeehaus, eine junge Frau kam herein, ich wollte schon aufspringen und sie begrüßen, als mir bewusst wurde: Sie ist nicht die, für die ich sie halte. Sie ist nicht die Figur aus meinem Krimi… auch, wenn sie genauso aussah.

Woher kam die Idee einen und diesen 1. Krimi zu schreiben?
MM: Ich habe früher fast ausschließlich Krimis gelesen, heute sehe ich mir gerne Krimiserien im Fernsehen an. Die Idee für den ersten entstand aus einem Erlebnis auf einem Hunde-Abrichteplatz. Ich war wütend darüber, wie manche Hundebesitzer mit ihren Hunden umgehen und wusste, wenn ich ein Sachbuch über die Missstände in dieser Szene schreibe, wird es keiner lesen. Außerdem wunderte ich mich, dass der krankhafte Ehrgeiz mancher Hundeführer noch zu keinem Mord geführt hat. Und so entstand die Idee, dass bei einer Hunde-Veranstaltung eine Richterin tot aufgefunden wird…

Du hast erzählt, dass dich Figuren überrascht haben?
MM: Beim ersten Krimi habe ich aufgrund des Erlebnisses einfach drauf los geschrieben, ohne zu wissen, wer der Mörder ist. Mein Kommissar hat sich im Laufe des Schreibens entwickelt und er hat manchmal Dinge gemacht, die ich vorher nicht geplant hatte. Als ich endlich wusste, wer der Mörder ist, beging der einen zweiten Mord – ich hatte das weder geplant, noch wusste ich so recht warum. Das ist die Dynamik, die beim Schreiben entsteht: die Figuren machen sich selbstständig, beginnen auf einmal am Papier zu agieren und ich als Autorin sitze da und bin ratlos. Ich bin tatsächlich nach so einer Schreibphase aus meinem Arbeitszimmer zu meinem Lebensgefährten, der unten am Sofa saß, gegangen, hab mich neben ihn fallen lassen und gesagt: „Ich hab eine zweite Leiche und weiß nicht, woher die gekommen ist“. Doch genau diese Dynamik macht für mich den Reiz des Schreibens aus! Bei meinem zweiten Krimi habe ich, bevor ich zu schreiben begonnen habe, viele Dinge über die Geschichte und die Figuren gewusst. Trotzdem hatte ich nicht jedes Detail der Geschichte vorher geplant – ich habe darauf vertraut, dass sich viele Details während des Schreibens lösen.

War die Verlagssuche schwierig?
MM: Ich hatte großes Glück. Eine Freundin drängte mich, meinen Krimi endlich fertig zu schreiben, weil sie wissen wollte wie er ausgeht. Ich wusste, wenn ich einen Verlag für den Krimi hätte, würde ich ihn fertig schreiben. Da der Krimi in Niederösterreich spielt, wollte ich einen österreichischen Verlag. Also habe ich im Internet recherchiert und zwei Verlage gefunden, die mir gefallen haben und die auch Krimis im Verlagsprogramm haben. Ich habe beiden Verlagen ein Konzept und ein Probekapitel geschickt. Innerhalb von drei Wochen hatte ich einen Anruf meines jetzigen Verlages und einen Vertrag. Somit hatte ich die notwendige Motivation oder auch den Druck fertig zu schreiben.

Du hältst im writers´ studio nun – im März und im August- ein Krimi-Seminar. Für wen ist es besonders geeignet?
MM: Für alle, die Krimis interessieren und die eine spannende Geschichte schreiben wollen. Es geht darum, einfach mal spielerisch auszuprobieren, einen Krimi zu konzipieren, Ideen zu entwickeln, erste Szenen zu schreiben. Ich freue mich darauf, ersten Ideen-Keimen dazu zu verhelfen, eine spannende Geschichte zu werden.

Wie geht´s weiter mit deinem Schreiben & Publizieren?
MM: Ich habe eine konkrete Idee für einen dritten Krimi und eine weitere vage Idee für einen vierten. Anderseits reizt es mich, meine vor neun Jahren angefangene Short Story zu einem Drehbuch umzuarbeiten. Außerdem will ich auch einmal was Romantisches schreiben. Ich habe im Screenwriting-Seminar, das ich im Sommer im writers´studio besuchte, ein Drehbuch begonnen, das auch romantische Züge hat, in dem ich das Leben meiner verstorbenen Tante als Vorlage genommen habe. Außerdem habe ich eine Idee für ein Memoir-Projekt – also jede Menge Ideen!

JW: Vielen Dank, Michaela! Ich denke, wir können uns alle was abschauen von deinem freudigen Umsetzungsdrang!

Michaela Muschitz wird am Fr, 6. & Sa, 7. März von 9 bis 14 Uhr auf unserem Stand bei der BeSt-Messe (Stadthalle) sein und alle weiteren Fragen zum Workshop beantworten. Außerdem gibt’s auf der Messe einen gratis Schnupper-Workshop mit Ana Znidar: „Jetzt schreib` ich eine Geschichte: Einstieg ins literarische Schreiben als Handwerk & Passion“ am Sa um 16 Uhr.

Bis bald,
Eure Judith Wolfsberger

PS: Soeben haben wir zusätzlich zum März Seminar einen 2. Termin für den Krimi-Workshop mit Michaela Muschitz online gestellt. Ein Kompaktkurs im Sommer: 2.-6. August

AKTUELL IM WRITERS´STUDIO:
1. Restplätze:
Frei geschrieben: Start 27. Feb.
Young Freewriters: Start 28. Feb.
One Day Writer`s Retreat: am 2. März
Krimi schreiben: Start 16. März
Web, Flyer & Co: Start 20. März
Mini-Lehrgang Presse: Journalistische Artikel & Pressemitteilungen texten. Vom Schreibfluss zu flotten Stories für die PR. Start: 30. April

2. Kompaktkurse für eine Wien-Reise : > Kompaktkurse
Frühling 2015: Poetry!, Mindwriting zu Frühlingsbeginn, Short Story, Writers´ Tricks
Sommer 2015: Ein Buch über mein Knowhow schreiben, Life Writing , Screenwriting, 1×1 des Journalistischen Schreibens, Krimi schreiben

3. gratis Infoabende für Seminare:
Fr. 13. März, 17 Uhr: Infoabend für alle Seminare aus „Writing for your Profession“
Fr. 20. März, 17 Uhr: Infoabend für alle Seminare aus “Passion Writing”, z.B. Berühmte Memoir-Bücher lesen als Schreibinspiration (neu)

4. Schreibtreffs im writers´studio:
Einfach kommen. Keine Anmeldung nötig.
Schreibnacht: Jeden 1. Freitag im Monat. Die Themen finden Sie auf unserer Website.
Schreib-Fabrik mit Feedback: Jeden 3. Donnerstag im Monat.
Schreib-Café mit Easy Yoga: Jeden letzten Donnerstag im Monat.